Falls ihr das Video noch nicht gesehen habt:
Und hier berichtet zdf heute über die Kritik daran:
Um es gleich vorneweg zu sagen, natürlich stimme ich eher #allesdichtmachen zu, als mich den Böhmermanns und Co. anzuschließen.
Tja, “Die Selbstgerechten” im Sinne von Sahra Wagenknecht.
Ganz unabhängig, wie man selbst zu #allesdichtmachen steht, wenn sich andere Kulturschaffende wegen dieser veröffentlichten Meinung ihrer Kollegen gleich bemüßigt fühlen, rechten Unrat zu wittern oder die Unterstützung durch diese, dann haben wir uns schon sehr, sehr weit von jeglichem demokratischen Verhalten und Verständnis entfernt.
Zumindest von dem Verständnis, das westliche Demokratien davon haben. Auch die VR China bezeichnet sich bekanntlich als (Volks-) Demokratie und nicht zu vergessen die DDR, die das Wort Demokratie sogar in ihrem Namen trug, “Deutsche Demokratische Republik”.
Diese Spannbreite an Interpretationsmöglichkeiten eröffnet auch das große Spielbrett der Definition dessen, was Freiheit ist und was sie darf. Kurt Tucholskys Frage, was die Satire darf, zum Beispiel, setzt ein sehr großes Maß an Freiheit und (geistiger) Unabhängigkeit voraus. Die Kritik - siehe hier -
an #allesdichtmachen wiederum grenzt sehr genau ab, was gesagt werden kann, auch als Satire. Dabei wird sehr gerne an die Verantwortung, insbesondere gegenüber “Rechts”, und gerne auch an den guten Geschmack appelliert, indem auf die vielen Corona-Toten verwiesen wird.
Apart, dass zu diesen Kritikern Jan Böhmermann gehört, der sich bislang gerade nicht eben durch Zurückhaltung und geschmackvoller Kritik bzw. Satire auszeichnete. Und so erscheint das alles doch recht vorgeschoben, um wieder einmal Haltung zeigen zu können, die eben auf der “richtigen” Gesinnung beruht.
Und da sind wir nun einmal mehr an dem Punkt angelangt, den auch Sahra Wagenknecht erkannt hat und ihrem neuen Buch den Titel geben ließ: “Die Selbstgerechten” .
Es hat schon was, wenn eben nach dem Erscheinen ihres neuen Buches, das ich jetzt hier überhaupt nicht bewerten, geschweige denn rezensieren möchte, das “juste millieu” sich aufregt und all das, was Wagenknecht anführt, auf einen Schlag untermauert und beweist, nämlich die zunehmend unerträglicher werdende Selbstgerechtigkeit und Bigotterie dieser Menschen, für die weniger Verstand als vielmehr das “Sich-gut-fühlen” wichtig ist.
Erbärmlich in diesem Zusammenhang, dass Heike Makatsch und Meret Becker, sich alsbald auch wieder von #allesdichtmachen mit hanebüchenen Begründungen verabschiedet haben. Nun, so schnell kann man einknicken, wenn die “Community” mit Liebesentzug droht.
Aber andererseits, wenn ein Rundfunkrat schon von Beschäftigungsverboten spricht, vielleicht ist es da in der Tat besser, die Klappe zu halten oder mit den Wölfen zu heuen. Was läuft hier eigentlich in diesem Land, wenn staatliches Handeln und Entscheiden als sakrosankt erklärt werden und Kritik daran als systemschädigend betrachtet wird, das erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen zu droht?
Mir wird jedenfalls ziemlich mulmig zumute, wenn ich dies alles betrachte, hier geht es nicht mehr um die Auseinandersetzung mit Kritik, ob berechtigt oder nicht, hier geht es nur noch um die Durchsetzung eines bestimmten Meinungskorridors, einer Meinung und eben Haltung, die als einzig richtig gesetzt wird. (Interessanterweise ist man damit, von der geistigen Disposition her, gerade selbst nicht weit vom Denken der so geschmähten Querdenker entfernt.)
Zuwiderhandlung wird zunächst mit Liebesentzug bestraft und später wohl auch mit finanziellen Nachteilen verbunden sein, folgt man dem SPD-Mitglied und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin, und das als Anwalt...
Aber Hans Filbinger war ja auch Jurist und Richter und hatte so seine Gedächtnislücken, da kann man dann schon mal das Grundgesetz “vergessen”, nicht wahr?
Ich bin wirklich schockiert, mit welchen Argumentationen und mit welcher Selbstverständlichkeit Kritik, die wohl als nicht systemkonform wahrgenommen wird, umgegangen wird. Das ist Jakobinertum und hat selbst nur noch wenig mit unserer demokratischen Grundordnung zu tun.
Und daher liebe Selbstgerechte, bevor ihr den Stab über Andere brecht, schaut lieber in den Spiegel und fragt euch, wie halte ich es mit der Freiheit? Nichts mehr mit Rosa Luxemburg, oder was?
Es ist immer leicht sich unter Gleichgesinnten in der Sonne zu suhlen und über die großen Dinge der Welt zu schwadronieren, doch wenn es zum Schwur kommt und ihr auch etwas aushalten müsst, was euch nicht so passt, dann kommt die Wahrheit ans Licht. Und die, sieht zumindest derzeit, nicht wirklich gut aus, weder für euch, noch für alle anderen. Was treibt ihr nur? Wollt oder könnt ihr nicht sehen, wo das enden wird?
Die Gleichgesinnten, meist ein Bündniss geistiger Verarmung; Massenpsychologie a la Le Bon... eine radikale Verkehrung ins Gegenteil ist allerdings auch keine Lösung! Und doch schenken sich beide Seite nicht viel, die überzogene Kritik ist immer die Waffe unnatürlich homogener Zusammenkünfte. Die z.T. anfangs noch gut begründeten Meinungen und Ziele- werden im Prozess fortlaufender Homogenität, der Angleichung aller Meinungen, zwangsläufig stumpfsinnig und Legitimationen immer brüchiger. Die vehemmente Abwehr beider Seiten gegeneinander, ist hierbei nur ein irrationales Symbol ihrer systemischen Spiegelung voneinander- und letzlich rudimentäre Psychologie der Massen. Eine Mitte muss wieder her: Danke für den Beitrag! Zurück zur Diskussionskultur!